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Dämmunterlagen wirken wie vorgehaltene Hand beim Rufen

Wie Unterlagen helfen die Akustik zu optimieren erläutert Norbert Lauhöfer; Leiter der Anwendungstechnik bei Profilsystem- und Unterlagenspezialist Carl Prinz in Goch...

Wohnkomfort und Behaglichkeit hängen elementar von der empfundenen Ruhe ab, die man in einem Raum, in seiner Wohnung oder im eigenen Haus empfindet. Daher gilt es, sich - aber auch andere - beim Aufbau eines Fußbodensystems durch den Einsatz geeigneter Unterlagen vor störenden Geräuschen abzuschirmen.

Bereits der erste Wortteil deutet an, dass die unter dem Kategorie-Begriff »Dämmunterlagen« erhältlichen Produkte etwas abmildern. Meist sind im Sprachgebrauch mit solchen Systemen Tritt- und Gehschalldämmung gemeint, die den Schall dämpfen. Seltener geht es um Wärmedämmung oder Kälteisolierung, obschon viele Unterlagensysteme solche Leistungen durchaus ebenso bieten - denn viele Unterlagen sind Multitalente.
Wird eine Unterlage primär eingesetzt, um die Schallentwicklung innerhalb eines Raumes auf ein wohnkomfortables Maß zu begrenzen oder angrenzende Räume vor unangenehmer Schallentstehung abzuschirmen, hängt die Auswahl des geeigneten Produkts zunächst einmal von dem vorgesehenen Bodenbelag ab.

Was ist Schall und wie entsteht er?
Wikipedia definiert Schall als »die Ausbreitung von kleinsten Druck- und Dichteschwankungen in einem elastischen Medium (Gase, Flüssigkeiten, Festkörper). Man unterscheidet den Nutzschall, wie Musik oder die Stimme beim Gespräch, und den Störschall, wie Baustellen- oder Verkehrslärm.« Für unser Gewerk relevant entsteht solcher Störschall vornehmlich durch die Bewegung von Menschen auf einem Fußboden. Der Betrieb einer Waschmaschine oder anderer Haushaltsgeräte sollte aber ebenso wenig vergessen werden. Dieser Schall kann unabhängig von seiner Quelle durch die Übertragung innerhalb eines Baukörpers in demselben Raum oder einem daneben-, darunter- oder darüberliegenden Raum wahrgenommen werden. Daher unterscheiden Experten zwischen Tritt- und Gehschall.

Gehschall und Trittschall
Gehschall ist der Schall, den man in dem Raum wahrnimmt, in dem er entsteht - wie hallende Tritte von Hartsohlen auf einem Laminatboden. Dagegen meint der Begriff Trittschall den Schall, der in einem angrenzenden Raum registriert wird.
Der Einsatz einer Dämmunterlage empfiehlt sich immer dann, wenn der Schall - ganz gleich welcher Natur - als unangenehm und störend empfunden wird. So sollte man bemüht sein, die Gehschallentwicklung beispielsweise in Wohnungen mit Kleinkindern, in Großraumbüros, Hallen oder vergleichbaren Raumsituationen zu minimieren.

Masse aufbauen und Schichten entkoppeln
Unterlagen mit hohen Trittschallreduktionsleistungen zielen indes darauf ab, störende Schalleinwirkungen von Nebenräumen fern zu halten. Als Basis solch dämmender Fußbodenkonstruktionen werden häufig dämpfende Faserplatten, Schaumstoffe oder Vliese auf dem vorhandenen Estrich ausgelegt. Wo dies unmöglich ist wird versucht, den Weg des Schalls durch andere Arten von Masseaufbau zu stoppen und die verschiedenen Schichten im Fußboden zu entkoppeln. Weichfedernde Bodenbeläge wie Kombi-Produkte und Multilayer können bereits produktionsseitig mit schalldämmenden Eigenschaften ausgestattet sein. In der Regel ist ihnen rückseitig eine Schalldämmung oder eine Entkopplungsmatte aufkaschiert.

Schall breitet sich in Wellen aus
Geräusche setzen sich durch Schwingungen in Form von Wellen fort. Ein anschauliches Beispiel ist das Echo. Ruft man in den Bergen in glückseliger Abendrot-Stimmung »Danke« heraus, so schallt es zunächst »Anke« zurück. Der Schall verliert an Wirkung, ist aber noch relativ deutlich hörbar und wird in der Folge mehrfach in Wellen hin­ und hergeworfen. Stetig wird mehr von den Wellen verschluckt, sodass zum Schluss nur noch ein »ke« oder »kö« oder noch weniger zu hören ist. Grundsätzlich breitet sich Schall mit einer für das jeweilige Medium und dessen Zustand (Temperatur, Druck etc.) charakteristischen und konstanten Geschwindigkeit aus. Diese Schallgeschwindigkeit beträgt bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius
• in der Luft 343 m/s
• in Wasser 1484 m/s (Echolot).

Unterlagen sind Schallunterbrecher
In Räumen, in denen ein Bodenbelag ohne integrierten Schallschutz und ohne dämpfende Maßnahmen wie den Einsatz einer Trittschallunterlage verlegt wurde, wird sich der auf dem Bodenbelag angeregte Schall über den Verbund von Bodenbelag und Tragschicht (Estrichplatte) nahezu ungehindert zumindest in die Nebenräume bewegen. Unterlagen wirken hier wie Schallunterbrecher. Ruft man in den Bergen mit vorgehaltener Hand das Wort »Wesel«, kommt angesichts der gebremsten Schallwellen kaum noch ein »Esel« zurück. Nichts anderes machen Unterlagen.
Je weicher eine Unterlage ist - was der vorgehaltenen Hand entspricht - umso geringer ist der Übertragungsschall. Als problematisch erweisen sich weiche Unterlagen allerdings, wenn Bodenbeläge schwimmend - also lose - und somit ausschließlich in Nut und Feder miteinander verbunden verlegt werden. Meist betrifft dies Laminat, Mehrschicht- oder Fertigparkett. Weiche Unterlagen bewirken dann, dass die filigranen Nut-und-Feder-Ver­bindungen sowohl bei intensiven Druckeinwirkungen als auch bei stetem Wechsel von kurzzeitigem Druck und nachfolgender Entspannung intensiven Belastungen ausgesetzt sein können. Wird diese sensible Verbindung nicht geschützt, kann sie Schaden nehmen und die Feder kann beispielsweise brechen.
Folglich benötigt ein solches System eine relativ harte Unterlage, die dem Bodenbelag auch unter Belastung einen soliden Widerstand entgegenbringt. Auf solchen Unterlagen kann der Belag nicht so tief nach unten durchfedern. Die Verbindung wird entlastet und Nut und Feder bleiben in der Regel funktional. Die Crux ist nur: Je weicher die Unterlage, umso höher die Dämmleistung. Oder umgekehrt: Je härter die Unterlage, umso schwächer wird die Schalldämmung. Insofern gilt es für jedes Objekt individuell den besten Kompromiss herauszuarbeiten. Die heute auf dem Markt erhältlichen Unterlagen aus nachwachsenden Rohstoffen bieten allerdings bereits relativ gute schalldämmende Eigenschaften.

Harte Stoffe machen hohe Druckbelastungen möglich
Dafür sorgt der Mix aus harten Stoffen wie Kreide, die für die erforderliche Festigkeit der Unterlagen sorgen, und aus groben Materialien wie Quarzsand. Diese bilden die notwendigen Kapillaren aus, in deren Luftpolstern sich der Schall verliert. Obendrein sind solche Systeme wie die Unterlage »Silent PUR« von Prinz nachhaltig, weil sie unter Zugabe natürlicher Bindemittel hergestellt werden. »Silent• PUR« beispielsweise wird zu nahezu 100 Prozent aus natürlichen Rohstoffen hergestellt.
Textile Bodenbeläge dagegen weisen häufig bereits so gute Trittschalldämmwerte aus, dass der Einbau einer zusätzlichen Unterlage kaum noch notwendig erscheint. Dennoch werden Unterlagensysteme häufig auch unter Teppichböden eingesetzt, um dem Schall noch intensiver zu Leibe zu rücken.

Geklebte Böden verlangen nach harten Unterlagen
Auch vollflächig geklebte Bodenbeläge wie homogene PVC- oder Linoleumbeläge werden nicht selten auf Unterlagen verarbeitet. Meist werden dann Kork-Gummigranulate, Rollenkorke oder hochgefüllte Vliese eingesetzt. Gerade geklebte Bodenbeläge verlangen nach harten Unterlagen, da vor allem bei elastischen Bodenbelägen mit starken Verformungen durch punktuelle Belastungen gerechnet werden muss.
Übrigens macht es wenig Sinn, zwei Unterlagen übereinander zu verlegen. Der jeweils angegebene Trittschallverbesserungwert addiert sich nicht und wird auch nicht verdoppelt, sondern erhöht sich vielleicht um 1 bis 2 dB. Letztlich schwächt man durch solche Maßnahmen nur das System, da es weicher wird. Nut- und Feder-Verbindungen können dann wieder eher Schaden nehmen.
Ausnahmen stellen Naturdämmplatten oder ähnliche Systeme dar, die in zwei Lagen im sogenannten Halbversatz übereinander verlegt werden können. Durch diesen Kniff können zugleich größere Höhen ausgeglichen werden. Aber auch bei solchen Maßnahmen verbessern sich Tritt- und Gehschallwerte nur marginal.
Als wichtigste Regel in Bezug auf den Schallschutz gilt in unserem Gewerk, zwischen Bodenbelag und aufsteigenden Baukörpern (Wänden) einen Spalt zu lassen. Randdämmstreifen werden genau zu diesem Zweck eingebaut, und sollten nicht vor dem Spachteln entfernt bzw. heruntergeschnitten werden. Diese Spalten bewirken nämlich, dass sich der Schall über die Bodenfläche gar nicht erst auf die Wand und somit in angrenzende Räume überträgt. Werden solche Zusammenhänge nicht beachtet und verfüllt man beispielsweise Randfugen, entstehen durch den direkten Kontakt von Boden und Wand automatisch Schallbrücken.

Auch unterbrechungsfreie Beläge leiten den Schall
Ähnliche Effekte ergeben sich, wenn ein Bodenbelag in einem Stück durch angrenzende Räume gelegt wird. Auch unterbrechungsfreie Oberflächen leiten den Schall in andere Räume. Daher ist es ebenso wichtig, die Flächen zu angrenzenden Räumen zu trennen, die Übergänge mit passenden Profilen zu versehen und auch die Trittschalldämmunterlage im nächsten Raum neu anzusetzen. Vermeiden sollte man zudem, einen Bodenbelag durch Verschrauben mit dem Untergrund zu verbinden. Die Schrauben schaffen einen indirekten Kontakt von Bodenbelag zum Untergrund und heben die gewünschte Trittschallverbesserung dazwischenliegender Unterlagen auf. Auf Treppenstufen werden beispielsweise häufig nach der Laminatbelegung Treppenkantenprofile verwendet, die durch den Bodenbelag hindurch angeschraubt werden müssen. In solchen Situationen empfiehlt es sich dagegen zweiteilige Profile zu verwenden, die über ein Basisprofil verfügen, wie das Treppenkantenprofil »PS 400 Nr. 420«. Diese zweigeteilten Profile bieten den Vorteil, dass sie den Systemaufbau gewissermaßen umklammern, das Gesamtsystem jedoch nicht mit Schrauben durchstoßen und so dem Schall keine direkten Leitpunkte von Oberbelag zu Untergrund liefern. Das ist nicht nur eleganter gelöst, sondern auch wahrnehmbar.

Böden auf Treppenstufen sollten geklebt werden
Auch auf Treppenstufen können übrigens Unterlagen verlegt werden. Beachtet werden sollte allerdings, dass Bodenbeläge auf Treppenstufen wegen der bestehenden Rutschgefahr vollflächig geklebt sein sollten. Hier bietet sich der Einsatz korkbasierter Unterlagen an, die mit einem Dispersionsklebstoff geklebt werden können. Welche Art von Unterlage am besten zum ausgewählten Bodenbelag passt, lässt sich einfach aus den Technischen Merkblättern ableiten, die der Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller (EPLF) und der Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA) herausgegeben haben. Eine Norm hierfür existiert allerdings aktuell noch nicht.

Norbert Lauhöfer
Objekt 8/15, Seiten 74 bis 76

www.objekt-verlag.de

17. August 2015, 12:41
Dämmunterlagen wirken wie vorgehaltene Hand beim Rufen - Der Schall bahnt sich seinen Weg.

Der Schall bahnt sich seinen Weg.

Dämmunterlagen wirken wie vorgehaltene Hand beim Rufen - Norbert Lauhöfer

Norbert Lauhöfer, Leiter Anwendungstechnik bei der Carl Prinz GmbH in Goch.

Dämmunterlagen wirken wie vorgehaltene Hand beim Rufen - Zweiteilige Treppenkantenprofile wie das »PS 400 Nr. 420«

Zweiteilige Treppenkantenprofile wie das »PS 400 Nr. 420« (hier in silber) von Prinz umfassen den Fußbodenaufbau, ohne Leitpunkte für den Schall auszubilden.

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